Am 23. Juli 2016 wurde - mal wieder - eine auf Autogeschwindigkeit optimierte und viel zu breite Ausbauvariante für die Königsbrücker Straße im Stadtrat beschlossen (Fachbegriff: "verkehrliche Bemessung"). Fast alle Bäume sollen fallen, es gibt kaum Platz auf den Gehwegen, der Radverkehr ist unsicher und gefährlich, Autos rasen durch das Ortsteilzentrum, man kann kaum die Straße überqueren - und es sieht lebensfeindlich und einfach ungemütlich aus.
Dieser Beschluss ist jetzt auch schon wieder fast vier Jahre her. Und es ist eingetreten, wovor unsere Bürgerinitiative immer gewarnt hatte: Es wird viel Widerstand geben, die Planungen werden sich stark verzögern, Umplanungen werden notwendig und am Ende wird ein Gericht diese überbreite Variante ablehnen.
Und bislang sind alle unsere Voraussagen eingetreten. So hagelte es im Planfeststellungsverfahren über 3000 Eingaben. Für ein Stadtteilbauprojekt ist diese Anzahl an Eingaben gigantisch. Und trotz einer eilig gebildeten Sondergruppe dauerte allein die Bearbeitung der Eingaben über ein Jahr.
Nun hat Umweltbürgermeisterin Jähnigen erklärt [1], dass sich ein Bautermin erneut weiter in die Zukunft verschieben wird. Der Grund: Die Eingaben waren wohl berechtigt und haben zu einer solchen Fülle an notwendigen Änderungen geführt, dass diese nicht als "redaktionelle Änderungen" durchgehen. Die Stadt muss daher zunächst die Planungen neu bearbeiten (Fachbegriff: Tektur erstellen). Diese Arbeiten sind noch nicht beendet. Wenn sie beendigt sind gehen die neuen Unterlagen erneut zur Prüfung an die Landesdirektion und danach erfolgt eine erneute Auslage der Planungen.
Dies ist ein riesiger Erfolg für uns als Bürgerinitiative! Denn diese Entwicklung bedeutet, dass die Menschen in der Neustadt und im Hechtviertel erneut die Möglichkeit haben werden, ihren Protest per Eingabe zu formulieren und damit ihr eigenes Umfeld aktiv mitgestalten zu können. Und es verschiebt einen Baubeginn hoffentlich soweit, dass das die Gesellschaft der Verkehrswende und dem (lokalen) Klimaschutz endlich genügend Bedeutung zumisst, um die geschwindigkeitsfixierten Verkehrs- und Städtebaukonzepte der Vergangenheit aufzugeben.
Wichtig ist: Die Bürgerinitiative verzögert nicht - wir wollen zügigst eine Sanierung der Königsbrücker Straße! Schuld an der unendlichen Geschichte war und ist der Stadtrat mit seinen immer wiederkehrenden Beschlüssen zu einem massiven Ausbau und der damit verbundenen extremen Verbreiterung der Königsbrücker Straße. Schuld war und ist der Stadtrat mit seiner Priorisierung auf die "Maximierung der Geschwindigkeit" ("verkehrliche Bemessung" statt "städtebauliche Bemessung"). Schuld war und ist der Stadtrat, der so gut wie alle Bäume entlang der Königsbrücker Straße fällen will (vierreihige Baumallee!). Schuld war und ist der Stadtrat, der den Linksabbiegeverkehr an der Schauburg durch das Hechtviertel leiten möchte (Tannenstraße/Rudolf-Leonhard-Straße).
Im Zuge der aktuellen Entwicklungen appellieren wir daher eindringlich an die Mitglieder des Stadtrats: Lassen Sie uns endlich den fundamentalen Planungsfehler - einer zu breiten, autogerechten Straße - beenden. Es ist jetzt 2020 - die Zeit der Verkehrswende und des Kampfs gegen die Klimakatastrophe. Ihre früheren Positionen mögen in der Vergangenheit richtig und aus Ihrer Sicht redlich gewesen sein - damals fuhren aber auch viel mehr Autos auf der Königsbrücker Straße. Mittlerweile hat die Königsbrücker ihre Funktion als Haupt-Durchgangsstraße verloren. Jetzt ist die Zeit gekommen, eine schöne Königsbrücker Straße zu bauen, die für den Stadtteil funktioniert.
Und das Ziel einer schönen und funktionierenden Königsbrücker Straße als Ortsteilzentrum zwischen Hechtviertel und der Äußeren Neustadt erreicht man am schnellsten ohne ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren - d.h. mit einer Sanierung im Bestand.
Wer zu breit plant, wird niemals bauen!
[1] Abschrift der Frage/Antwort aus der Stadtratssitzung vom 04.06.2020; Videoaufzeichnung (ab 01:09:00)